Dienstag, 3. Juli 2012

Murder your darlings - Warum behandeln wir Candida, Enterokokken und CNS im Trachealsekret?

Heute ein intensivmedizinisches Thema, obwohl eigentlich schon eine olle Kamelle. Immer wieder werden Keime, die bei beatmeten Patienten im Trachealsekret identifiziert werden, behandelt .... da man einen Bezug zur eigentlichen Grunderkrankungen (Pneumonie) vermutet.

Leider ist diese Vorgehensweise beim Nachweis von E. faecalis, E. faecium, Candida und bei koagulasenegativen Staphylokokken wenig hilfreich:

Grampositive Enterokokken gehören zur normalen Darmflora von Mensch und Tier und können Wund/Harnwegsinfektionen, Peritonitiden, intraabdominale Abszess sowie schwere Infektoinen einschließlich Sepsis und Endokarditis hervorrufen (aber auch extrem selten). Enterokokken sind wenig pathogen, wobei E. faecium ein geringeres Virulenzpotential als E. faecalis aufweisen soll. Der Nachweis von Enterokokken im Trachealsekret immunkompetenter Patienten wird als Selektion und somit als Kolonisation bewertet. Diese Situation wird als nicht behandlungspflichtig gesehen und sollte deshalb unterbleiben.
Bei Patienten in Neutropenie gibt auch die aktuelle Leitlinie der AGIHO zur Diagnostik und Therapie von Lungeninfiltraten eine gute Auskunft, die ebenfalls empfiehlt, nachgewiesene Enterokokken NICHT zu therapieren. Dort sind auch die ansonsten gängigen Antibiotika-Empfehlungen enthalten. Enterokokken gelten nicht als lungenpathogen und sollten nicht behandelt werden.
Berücksichtigung finden sollten nur die Situationen, in denen eine (seltene) Endokarditis z.B. zu sekundären Streuungen führt. Hier wäre eine Behandlung natürlich notwendig.

Zusammenfassend würde man Enterokokken behandeln bei systemischer Infektion mit Bakteriämie, bei Endokarditis, Meningitis und mit Einschränkungen bei Harnwegsinfekt (meist durch Katheter bedingt, wird dieser gezogen, ist das Problem meist gelöst, eine antibitotische Behandlung ist dann nicth notwendig)
Ein ähnliches Vorgehen empfiehlt man bei Nachweis von CNS im Trachealsekret.

Auch der Nachweis von Candida im Trachealsekret beim Immunkompetenten erfordert keine antimykotische Therapie (ggf. wäre eine Biopsie notwendig). Anders muss entschieden werden, wenn eine Candida-Septikämie mit einer sekundären Infektion der Lunge vorliegt. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass offensichtlich bei Nachweis von Candida im Trachealsekret häufig gramnegative Infektionen als Ursache der Pneumonie zu finden sind (bzw. assoziiert sind).

Macht wirklich Sinn, sich hier im Detail mal damit zu beschäftigen. Aus meiner Sicht wird aus Unwissenheit/Unsicherheit häufig ein antiinfektiver Overkill durchgeführt. Dies führt wiederum zur Selektion von wirlichen Problemkeimen (VRE, Linezolid-resistente Enterokokken etc.)

Ich bedanke mich bei Dr. M. Gnad aus unserer Klinik für den Anstoß zur Diskussion dieser wichtigen Thematik verbunden mit der ausführlichen Recherche zum Thema.

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